Der Sturmflutkelch ist wieder zuhause.
Sturmflutkelch von Nordstrand (Replikt)
(Photo: Martin Seeger)
Es ist eine ziemlich lange Geschichte, die hinter dem sogenannten Sturmflutkelch steckt. Im Jahre 1459 stiftete der bekannteste Nordstrander Staller Laurens Leve den reich verzierten goldenen Abendmahls-Kelch der Kirche zu Morsum auf Nordstrand. Kostenbe-
wusst verwendete man schon damals keinen Granat oder Rubin, sondern Bergkristall und legte ein rotes Material so darunter, dass die Kristalle wie teure Edelsteine wirken.
Anlässlich der 2. Groten Mandränke 1634 wurde die Morsumer Kirche zerstört, wobei der Kelch jedoch aus den Fluten gerettet werden konnte. Er kam daraufhin in die Kirche auf der Hallig Nordstrandischmoor. Dort geriet er durch die Sturmflut von 1825 erneut in die Fluten. Wie ein Wunder wurde er abermals angespült und gerettet. Da die Kirche Nordstrandischmoor allerdings aufgegeben werden musste, wurde Nordstrands bedeutenster sakraler Gegenstand nun der Dänischen Obrigkeit übergeben und gelangte dadurch nach Kopenhagen in das Dänische Nationalmuseum, wo er heute noch steht und zu sehen ist. Seine zweimalige Sturmflut-Odyssee brachte dem Kelch seinen heutigen Namen Sturmflutkelch ein.
Bereits seit 2011 bemühten sich Mitglieder unseres Vereins, unter ihnen insbesondere der Journalist und Wahl-Nordstrander Manfred-Guido Schmitz, um die, wie sich später herausstellte, recht aufwändige und kostenträchtige Anfertigung einer Nachbildung dieses Kelches, der hierzulande weitgehend in Vergessenheit geraten war. Dank des Einverständnisses des Dänischen Nationalmuseums und mit Unterstützung von mehr als einem Dutzend grosszügiger Spender wurde es nach jahrelanger Vorarbeit möglich, eine Replik durch die Nordfriesische Metallkunst Gerd Beliaeff in Husum anfertigen zu lassen.
Parallel dazu entstand unter der Trägerschaft des Nordstrander Heimatvereins ein Dokumentarfilm des Husumer Filmemachers Martin Tiefensee unter dem Titel: Der Sturmflutkelch von Nordstrand – Ein Original und seine Replik. Der Film gibt einen historischen Überblick, zeigt Hintergründe auf, geht auf Sturmflutbilder des nordfriesischen Malers Carl Ludwig Jessen ein und dokumentiert den Fertigungsprozess von der Vermessung des Originals in Kopenhagen bis zur Fertigstellung der Replik in Husum.
Am 4. April 2015 wurde die Nachbildung des Sturmflutkelchs während einer eigens dafür anberaumten Veranstaltung im Nordstrander Kurhaus der Öffentlichkeit vorgestellt und ist damit wieder zu Hause angekommen. Bis im Herbst 2019 war das Kunstwerk in der Nordstrander Filiale der VR-Bank ausgestellt. Weil deren Schliessung seinerzeit aber unabwendbar war und geeignete Alternativen fehlten, sprang erst mal die alt-katholische Pfarrge-
meinde St. Theresia in die Bresche und bot dem Kelch unbürokratisch Asyl und sorgsamen Umgang. Mehr noch: Stand er doch bei Eucharistiefeiern auch in offizieller Mission im Einsatz, was die Schlussfolgerung zulässt, dass das Kunstwerk durchaus in Amt und Würden eingeweiht wurde.
Der Wermutstropfen mangelnder öffentlicher Präsentation blieb gleichwohl hartnäckig bestehen und rief die Vorstände von Kultur- und Heimatverein nämlich dann auf den Plan, als Voraussetzungen geschaffen wurden, das «Andreas Busch Inselmuseum» am Schulweg 4 während seiner Öffnungszeiten permanent zu beaufsichtigen. Die gegenseitigen Beratungen führten schliesslich dazu, dass im Frühjahr 2025 die Mitgliederversammlung unseres
Vereins einstimmig beschloss, das Schmuckstück als Dauerleihgabe dem Nordstrander Heimatverein zu überlassen. Die feierliche Übergabe fand am 11. April 2025 statt, während deren die Genugtuung sich breit machte, dass beide Seiten sich glücklich schätzen, diesen Weg eingeschlagen zu haben.