Rungholt in der "Nordfresischen Chronik"

 

 

Rungholt - Atlantis der Nordsee

 

Die versunkene Stadt vermutet man im Gebiet, wo heute die Hallig Südfall liegt. In deren grösserem Umkreis werden noch heute immer wieder Funde von Scherben oder anderen möglicherweise von Rungholt stammenden Gegenständen gemacht. Die ersten Rungholt-Forschungen gehen auf Andreas Busch (Nordstrand 1883-1972) zurück, dessen geistiges Erbe im Inselmuseum Nordstrand, Schulweg 4, aufbewahrt wird.

Über all diese damals versunkenen Orte, unter denen auch der Flecken Rungholt war, in dem es grossen Wohlstand gegeben haben soll, wusste man früher wie heute „viel Wunderdinge“ zu erzählen. So auch diese Legende:

 

Einstmals hätten „etliche muthwillige“ Gäste eine Sau betrunken gemacht und dann den Prediger geholt, damit dieser mit „ihrem Kranken“ das Abendmahl feiern solle. Es wurde verabredet, dass man den Prediger in den Graben stossen wolle, falls er dem Schwein das Abendmahl verweigern würde. Der Prediger wollte jedoch das heilige Sakrament des Abendmahls nicht derart „gräulich“ missbrauchen und während die Anstifter noch darüber diskutierten, ob sie sich wirklich an dem Prediger vergreifen sollten, da machte der sich heimlich davon.

Auf dem Heimweg kam der Prediger an einem Wirtshaus vorbei, in dem zwei junge Männer zechten. Die beiden Trunkenbolde wollten nun, dass der Prediger zu ihnen ins Wirtshaus kommen sollte, andernfalls wollten sie ihn verprügeln. Mit Gewalt zerrten sie den Prediger von der Strasse in das Wirtshaus und fragten zunächst, wo er gerade herkomme. Als der Prediger erzählte, welche Schmach man Gott und ihm habe antun wollen, als man ein betrunkenes Schwein in ein Krankenbett gelegt habe und er mit einer Sau das Abendmahl feiern sollte, da fragten ihn die beiden Männer im Wirtshaus, ob er das Abendmahls-Sakrament bei sich habe. Der Prediger zeigte den beiden das Gefäss (Originaltext: „die Büchse“), in dem er das heilige Sakrament aufbewahrte. Die beiden Trunkenbolde begingen nun eine Gotteslästerung, indem sie Bier in das Gefäss hinein schütteten und dabei sagten, wenn Gott in dem Gefäss sei, dann müsse er nun gemeinsam mit ihnen „saufen“.

Als der Prediger den durch das Bier entweihten Behälter mit den Sakramenten zurückbekam, ging er damit zur Kirche und rief Gott an, dass er diese gottlosen Menschen strafen solle. In der folgenden Nacht wurde der Prediger gewarnt, dass er aus Rungholt flüchten solle, weil Gott den Ort strafen und verderben wolle. Kaum war der Prediger aufgestanden und hatte sich auf den Weg gemacht, da kam plötzlich ein Sturm auf und es brauste eine Flutwelle heran. Dabei versank ganz Rungholt (anderen Berichten zufolge noch sieben weitere Kirchspiele) im Meer. Niemand ausser dem Prediger und zwei, drei Jungfrauen kamen beim Untergang von Rungholt mit dem Leben davon. Die eben erwähnten Jungfrauen waren am Abend zuvor von Rungholt aus zur Kirchmesse nach Bopschlut aufgebrochen. Das dortige Geschlecht des Backe Bojsen soll von diesen einzigen Rungholt-Überlebenden abstammen, dessen Nachkommen z.T. heute noch leben sollen.

 

Noch immer soll der alte Aberglaube lebendig sein: „Vor dem jüngsten Tage werde Rungholt wieder auferstehen.“ – „Rungholt stehe samt allen Häusern unter dem Wasser tief in der Erde.“ – „Wer auf dem Meer über Rungholt hinweg fahre, könne den Klang der Glocken hören.“ – „Bei „hellem Wetter“ könne man in der Tiefe die Türme und die Mühlen von Rungholt oftmals klar erkennen.“ - Man hält das allerdings für einen „alten Weibertraum“ oder „für eine zur Bestätigung des Aberglaubens erdichtete Fabel“. 

 

 

Quelle: NDR.de